Global Partnership Hannover e.V.

Jüdische Musik 2022

Ein Interview mit Noam Bar, Wladimir Kaminer und Yoed Sorek
aus der Serie „Jüdisches Leben in Hannover“ im Stadtkind

Musik ist elementarer Bestandteil jüdischen Lebens und besonders facettenreich, weil sie im Laufe der Geschichte viele Impulse aus unterschiedlichen Kulturkreisen aufgenommen hat. Doch was genau ist jüdische Musik und in welchem Maße ist sie zugleich auch Ausdruck für jüdisches
Lebensgefühl – insbesondere heute und hier in Deutschland?

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Religionsschulen, landwirtschaftliche Ausbildungsstätten und christlich-jüdische Simultanschulen

Eine Reise durch die jüdische Bildungsgeschichte in der Region Hannover

Lernen und Lehren hat in der jüdischen Kultur einen hohen Stellenwert. Ursprünglich bezog sich das jüdische Bildungsideal vornehmlich auf den religiösen Bereich. Der Bildungshorizont weitete sich aber im Laufe der Zeit zunehmend auf andere Wissensbereiche aus.Bildung im Allgemeinen war ein zentrales Merkmal gerade im Verbürgerlichungsprozess, der ein so maßgebliches Merkmal der deutschen Judenheit im 19. Jahrhundert darstellt.
Jüdinnen und Juden in Deutschland strebten nach säkularer und religiöser Bildung, das jüdische Bildungswesen wandelte sich und es gelang, eine substanzielle Allgemeinbildung mit einer religiösen Wissensvermittlung zu kombinieren.

Gesamter Artikel als PDF (Stadtkind 04/22)

DER SOUND JÜDISCHER MUSIK IM HIER UND JETZT

Kompositionswettbewerb – „J ü M i D“ – Aktuelle Jüdische Musik in Deutschland kürt vier Preisträger*innen in den Kategorien Jazz, Pop, Klassik und Synagogale Musik. Konzert und Preisverleihung mit allen Gewinner*innen am 5. Mai 2022 in der Villa Seligmann.

Wie klingt aktuelle jüdische Musik? Wie prägt die persönliche Verbundenheit mit dem Judentum das Werk von Musikschaffenden? Und wie spiegelt sich das in ihrem Lebensgefühl wider? Diese Fragen stellte der erstmalig ausgerufene Kompositionswettbewerb „JüMiD“ – Aktuelle Jüdische Musik in Deutschland und lud bundesweit Komponist*innen ein, sich in den Kategorien Jazz, Pop, Klassik und Synagogale Musik zu bewerben. Im Rahmen des Jubiläums 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland hat Global Partnership Hannover e.V. in Kooperation mit der Villa Seligmann den Wettbewerb samt einem mehrtägigen Konzertprogramm initiiert. „JüMiD“ ist zugleich ein akustischer Baustein zur Verankerung der Europäischen Route des Jüdischen Kulturerbes in der Bundesrepublik.


In jeder Wettbewerbskategorie kürte die jeweilige Fachjury[*] nun die Gewinner*innen, die ihre Kompositionen mit einem gemeinsamen Konzert bei der Preisverleihung am 5. Mai in der Villa Seligmann präsentieren. Der Erstplatzierte in der Kategorie Klassik ist der in Frankfurt lebende brasilianische Komponist Camilo Bornstein. Mit „A_pesar“ hat er einen eindrucksvollen Dialog zweier Jungen komponiert, die am gleichen Ort, aber in verschiedenen Zeiten leben. In der Besetzung von Trompete und Geige begegnen sich ihre Gedanken von 1938 und 2021. Ira Shiran ist der Gewinner der Kategorie Jazz. Sein Stück „Wer hinterlässt, was er liebt“ faszinierte die Jury durch die gelungene Verbindung von Text und Melodie, die beide gleichermaßen das Gefühl ansprechen – und eine Ahnung vermitteln, was Diaspora bedeutet.

In der Kategorie Synagogale Musik überzeugte Ekaterina Margolin mit „Kel malej Rachamim“ nicht zuletzt deshalb, weil ihr Werk quasi direkten Eingang in das Synagogen-Repertoire finden könnte. In erfuhr „Let It Go“ wegen des originell- mitreißenden Stils den meisten Zuspruch. Die der Pop-Sparte komponierende Interpretin Maria Raykham darf sich, wie alle anderen Gewinner*innen, über das Preisgeld in Höhe von 1000,- € freuen.


Insgesamt wurden knapp 40 Werke eingereicht. Die Verteilung auf die vier Musiksparten fiel dabei sehr unterschiedlich aus. Die meisten Bewerbungen verzeichneten die Kategorie Klassik – sicherlich nicht zuletzt deshalb, weil Kompositionswettbewerbe in diesem Genre üblicher sind als in den Kategorien Synagogale Musik, Pop und Jazz.


„Wir waren angenehm überrascht über die positive Resonanz und die Vielfältigkeit der künstlerischen Beiträge – und auch über die anregenden Diskurse in der kompetent besetzten Jury sowie den daraus resultierenden Ideen für die Zukunft “ freut sich Initiatorin Anke Biedenkapp, geschäftsführende Vorsitzende von Global Partnership Hannover e.V. gemeinsam mit dem Leiter des Wettbewerbs Jean Goldenbaum.


Neben der Preisverleihung in der Villa Seligmann, wo die Preisträger*innen die prämierten und andere Werke aus ihrem Repertoire präsentieren werden, lädt JüMiD am 6. Mai ein in die Rampe in Hannovers Nordstadt. Hier findet mit Maria Raykham und Ekaterina Margolin nebst Ensembles die musikalische Begegnung der Gewinner*innen der Kategorien Pop und Synagogale Musik statt. Am 7. Mai folgt das Doppelkonzert „Jazz trifft Klassik“ im Lindener Kellerklub Feinkost Lampe. Hier präsentieren der Pianist Michael Schalamov und die Violonistin Elena Ilinskaya jüdische Werke verschiedener Klassikepochen. Danach übernimmt Ira Shiran mit poppigen Jazztönen die Bühne.


Im Anschluss wird an beiden Abenden unter Beweis gestellt, dass man die lebendige Vielfalt jüdischer Kultur auch tanzen kann. Rotfront-Bandleader und Produzent Yuriy Gurzhy gibt Freitag (6.5.) den Takt an und am Samstag (7.5.) ist Autor und Kolumnist Wladimir Kaminer der DJ der Shtetl-Disko. Am 9. Mai endet JüMiD 2022 im Neuen Rathaus mit einer Verknüpfung von zeitgenössischer jüdischer Musik und Erinnerungskultur. Neben Gurzhy wirken u.a. die in Hannover lebende Sängerin Noam Bar und der Komponist Jean Goldenbaum mit. Diese letzte Veranstaltung erfolgt in Kooperation mit dem ZeitZentrum Zivilcourage, Landeshaupt-stadt Hannover, Büro Oberbürgermeister, Wissenschaftsstadt Hannover.


Weiter Infos

[*] Die Jury: Kategorie Klassische Musik: Sarah Nemtsov, Julia Spinola, Elena Ilinskaya Kategorie Populäre Musik: Wladimir Kaminer, Ben Salomo, Noam Bar Kategorie Jazz: Daniel Kahn, Tayfun Guttstadt, Daniel Kahn Kategorie Synagogale Musik: Assaf Levitin, Tal Koch, Yoed Sorek

Diese Pressemittelung als PDF

Lass die Gegenstände sprechen – Spuren jüdischen Lebens in Hannover

aus der Serie „Jüdisches Leben in Hannover“ im Stadtkind

Im Eingangsbereich des ZeitZeitrum Zivilcourage gegenüber vom Neuen Rathaus stößt man auf die Information, dass Hannovers jüdische Gemeinde vor 1933 zu den zehn größten in Deutschland gehörte (mit rund 5.000 Mitgliedern).
Als Truppen der Alliierten 1945 die zerstörte Stadt befreiten, lebten hier weniger als hundert Jüdinnen und Juden. Beinahe alle jüdischen Hannoveraner* innen, denen die Flucht nicht gelungen war, waren in Ghettos, Konzentrations- und Todeslager deportiert worden, und fast alle wurden dort ermordet. Die Vernichtung der alten jüdischen Gemeinde durch den Holocaust bewirkte auch einen Bruch in der Erinnerung an das historische Wirken vieler jüdischen Hannoveraner*innen.

Gesamter Artikel als PDF (Stadtkind 3/2022)

Der jüdische Blick auf die Welt – Die Jüdische Bibliothek Hannover

aus der Serie „Jüdisches Leben in Hannover“ im Stadtkind

Mira Magén und Eshkol Nevo wie auch andere israelische Literaturgrößen haben hier schon aus ihren Werken gelesen: Die erst knapp zehn Jahre alte Jüdische Bibliothek Hannover im Gemeindezentrum der Liberalen Jüdischen Gemeinde „Etz Chaim“ (Baum des Lebens) ist über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt und als Vortragsort zu jüdischen Themen beliebt. Über 10.000 Bücher in fünf Sprachen – neben Werken auf Deutsch auch viele auf Russisch, Englisch, Jiddisch und Hebräisch –, sowie Lern- und Lehrmaterial finden sich in den Regalen.

Gesamter Artikel als PDF (Stadtkind 2/2022)

Global Partnership Hannover e.V. 
als erstes deutsches Mitglied in den Europäischen Dachverband der jüdischen Kulturrouten / AEPJ aufgenommen

Mit der offiziellen Aufnahme in die seit 2004 existierende «Association Européene pour la Préservation du Patrimoine Juif“ ist ein wichtiger Meilenstein erreicht, um die „Europäische Route des Jüdischen Kulturerbes“ von Hannover ausgehend in Deutschland zu entwickeln.

Ursprünglich hatte Global Partnership Hannover dieses Vorhaben als Beitrag zur Europäischen Kulturhauptstadt-Bewerbung initiiert. 2021 wurde es dann Teil des bundesweiten Jubiläumsprogramms „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Die Zielsetzung hatte überzeugt:

  • die historische Bedeutung von Jüd*innen für die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung vor Ort sowie bezogen auf Niedersachsen und Deutschland zu vermitteln
  • die Relevanz einer angemessenen Erinnerungs- und Versöhnungskultur für ein wertschätzendes gesellschaftliches Miteinander zu vergegenwärtigen
  • Zivilcourage – gegenüber antisemitischen Vorurteilen und anderen Diskriminierungen – und damit auch demokratische Grundstrukturen zu fördern 
  • vielfältige Begegnungsformate zu schaffen, um jüdischem Leben im Hier und Jetzt zu begegnen.

Dies geschieht z.B. durch 

  • Click&Walk Fotospaziergänge mit dem Künstler und Fotografen Uwe Stelter, um Spuren jüdischen Lebens in Hannover und Niedersachsen zu veranschaulichen
  • einen Kompositionswettbewerb in Kooperation mit der Villa Seligmann, um aktuelles jüdisches Lebensgefühl in Deutschland – im wahrsten Sinne des Wortes – zu vertonen
  • einen Poetry Slam mit „Machtworte e.V.“, um inspirierende Gedanken jüdischer Autor*innen, die mit Hannover verbunden waren, in tagesaktuelle Diskurse einzubringen

Diese Teilprojekte sind aber zugleich auch als virtuelle Bausteine zur Verankerung der Jüdischen Kulturroute zu verstehen. Denn anders als im Falle der 1. Europäischen Kulturroute, dem Jakobsweg, gibt es kein geografisches Ziel, auf das alle zustreben. Vielmehr ist die Jüdische Kulturroute als ein Netz zu verstehen, das sich über ganz Europa – und weit darüber hinaus – spannt.

Ob singuläre Route oder netzförmige Verbreitung, alle 45 Europäischen Kulturrouten haben zum Ziel, die gemeinsame kulturelle Identität der europäischen Bürger*innen sichtbarer, wertvoller und im täglichen Leben lebendiger zu machen; das europäische Kultur-Erbe zu erhalten und aufzuwerten sowie durch den darauf aufbauenden Kulturtourismus die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung Europas zu fördern.

Die Idee dazu geht auf eine Anregung des Europarates zurück, der schon in den 1960er Jahren befand, dass Europa mehr sei als eine Wirtschaftsunion. Schließlich wurde mit dem „Camino de Santiago“ ein erster Aufschlag gemacht. Und die neuzeitliche Wiederbelebung dieses mittelalterlichen Pilgerweges war so erfolgreich, dass sich rasch Nachfolger fanden: Die Route der Wikinger, der Romanik, der Hanse, der Reformation …
Insgesamt elf Europäische Kulturrouten haben thematische Bezugspunkte zu Hannover. Offiziell einge-bunden waren bislang aber nur die Herrenhäuser Gärten – in die „Route der Historischen Gärten“. Mit der Verankerung der „Europäischen Route des Jüdischen Kulturerbes“ in Deutschland unter dem Dach des AEPJ, stärkt Global Partnership Hannover also zugleich die europäische Rolle der Landeshauptstadt.

Weitere Infos:
https://jewisheritage.org;   https://www.coe.int/de/web/cultural-routes/by-theme

Jean Goldenbaum, Komponist, Musikwissenschaftler und …

wissenschaftlicher Mitarbeiter am Europäischen Zentrum für Jüdische Musik (EZJM)

aus der Serie „Jüdisches Leben in Hannover“ im Stadtkind

Erzählen Sie mir etwas über Ihren beruflichen Werdegang!
Was hat Sie nach Hannover verschlagen?
Ich bin 1982 in São Paulo in Brasilien geboren worden, und zwar in eine jüdische, sehr vielfältige Familie:
Die einen Großeltern waren deutsche Juden, die anderen kamen aus Osteuropa und Ägypten. Ich habe
dadurch von klein auf verschiedene Seiten des Judentums mitbekommen, verschiedene Sprachen und kulturelle Aspekte kennengelernt. Schon früh habe ich gewusst, dass ich Musiker werden wollte. Ich habe zuerst in Brasilien und nachher in Deutschland studiert. „Jean Goldenbaum, Komponist, Musikwissenschaftler und …“ weiterlesen

Chabad Lubawitsch in Niedersachsen, Shterna Wolf

1. Vorsitzende von Chabad Lubawitsch Niedersachsen e.V.

aus der Serie „Jüdisches Leben in Hannover“ im Stadtkind

Erzählen Sie mir etwas über die Chabad-Bewegung!

Die Bewegung hat schon vor langer Zeit in Weißrussland begonnen. Später kam sie in ein russisches Dorf namens Ljubawitschi – deshalb heißt die Bewegung Chabad Lubawitsch mit vollem Namen. Heute ist ihr Zentrum in New York, denn dorthin ist der vorletzte Rebbe Yosef Itzhak Schneerson im letzten Jahrhundert hingegangen. Und das ist das Besondere: Nach dem Zweiten Weltkrieg sind viele Rabbiner mit denen, die aus ihren Gemeinden übriggeblieben waren, nach Israel gegangen. Aber der Lubawitsch Rebbe sah das anders. Er sagte: Wir fahren nach New York, denn dort gibt es mehr Möglichkeiten, das Judentum in die Welt zu tragen – genau das ist nämlich die Aufgabe der Mitglieder der Chabad-Gemeinde. „Chabad Lubawitsch in Niedersachsen, Shterna Wolf“ weiterlesen

Der niedersächsische Antisemitismusbeauftragte, Dr. Franz Rainer Enste

Niedersächsischer Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens

aus der Serie „Jüdisches Leben in Hannover“ im Stadtkind

Seit Oktober 2019 gibt es für das Land Niedersachsen einen Antisemitismusbeauftragten, dessen Stelle dem Justizministerium zugeordnet ist. Bekleidet wird der Posten ehrenamtlich von Dr. Franz Rainer Enste. Der ausgebildete Jurist war zuvor als Richter in Lüneburg und Stade tätig, hat lange Jahre die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Niedersächsischen Landtags geleitet und war bis 2013 Sprecher der Landesregierung. Wir haben mit ihm über sein breites Tätigkeitsfeld und aktuelle Projekte gesprochen.

„Der niedersächsische Antisemitismusbeauftragte, Dr. Franz Rainer Enste“ weiterlesen